Samstag, Januar 15, 2005

...vor allem aber denen, die mit uns an Jesus Christus glauben

Laßt also nicht nach in euerm Bemühen, Gutes zu tun. Es kommt eine Zeit, in der ihr eine reiche Ernte einbringen werdet. Gebt nur nicht vorher auf! Solange uns noch Zeit bleibt, wollen wir allen Menschen Gutes tun; vor allem aber denen, die mit uns an Jesus Christus glauben.
Galater 6, 9-10 Hfa

Ich möchte den ersten Gemeindebrief im neuen Jahr nutzen, um ein paar Gedanken zu dem Vers weiter zu geben, den sich unsere Gemeinde als Leitspruch für dieses Jahr gesetzt hat.
Ich freue mich, dass es gerade dieser Spruch ist, der uns durch das Jahr begleiten wird. Bereits beim Lesen von "40 Tage - Leben mit Vision" bin ich bei diesem Vers hängen geblieben, da er einen Gedanken aufgreift, der mich schon seit einigen Jahren beschäftigt: sollten sich Christen untereinander nicht besser behandeln wie der Rest der Welt? Sollten Christen ihre christlichen Freunde "besser" behandeln als ihre nicht-christlichen Freunde? Ich merke immer wieder, dass ich einem Menschen schnell tief vertrauen kann, wenn ich fühle, dass es sich um einen "echten" Christen handelt. Es ist ein schönes Gefühl zu wissen, dass - selbst wenn wir noch so unterschiedlich sind - es einen gemeinsamen Nenner gibt, der uns verbindet. Das heißt auch, das wir ein gemeinsames Wertesystem haben und wir uns beide der Tatsache bewußt sind, dass wir unser Handeln gegenüber einem Schöpfer rechtfertigen müssen. Das schafft schon mal ein gutes Fundament (auch wenn natürlich trotz allem noch Dinge wie Sympathie eine Rolle spielen).
Für mich sollte Gemeinde so eine Art Familie darstellen. Wir sagen ja auch, dass wir "Geschwister" sind. Nun habe ich leider keine Geschwister, so dass die folgenden Überlegungen nur meiner Theorie entsprechen. Ich als Einzelkind stelle mir also vor, das Gemeinschaft vergleichbar ist mit Familie. Auch in einer Familie gibt es Geschwister, mit denen man besser auskommt und Geschwister, mit denen man sich nicht so toll versteht. Aber dennoch sind alle "ein Blut" und das schafft eine Verbindung, die bei allem Streit und Antipathie doch bestehen bleibt. Und in den meisten Fällen Gott sei Dank auch stärker ist als jegliche Uneinigkeit. Selbst wenn sich Geschwister noch so streiten, es wird sie immer etwas verbinden, das sie nicht ändern können: die Blutsverwandschaft.
Nun sind auch wir alle Blutsverwandte. Es ist aber nicht unser eigenes Blut, das uns verbindet, sondern das Blut Jesu Christi! Und darüber hinaus verbindet uns Gottes Geist, der in allen Gläubigen wohnt. Darum arbeite ich an mir, die Gemeinde wie eine Art Familie und ihre Mitglieder wie Geschwister zu sehen. Leider stehe ich dann aber vor einem Problem, denn da ich keine leiblichen Geschwister habe, habe ich auch keine Ahnung, wie man nun eigentlich mit Geschwistern umgeht... darum kann ich nur um Nachsicht und Geduld bitten.

"Das ist ja ganz schön egoistisch" durfte ich vor ein paar Wochen hören, als ich mit jemandem über diesen Vers gesprochen habe. Ich kann diese Einschätzung verstehen. Auf den ersten Blick klingt es schon ein wenig egoistisch, wenn uns gesagt wird, dass wir uns vorrangig um unsere Geschwister im Glauben kümmern soll(t)en. Aber ist es das wirklich? Ich halte das sogar für sehr vernünftig! Wenn es mir schlecht geht, kann ich niemandem helfen, sondern bin für andere nur eine Belastung. Nur wer selbst auf festem Grund steht, kann anderen Halt geben.

Als Christen sind wir schon genug Anfeindungen und Angriffen von außen ausgesetzt. Es ist unvernünftig, die eigenen Reihen zu schwächen, indem man sich auch intern bekämpft. Dabei muss das nicht mal ein offen ausgetragener Kampf sein. Schon kleine, teilweise unbewußt, lodernder negative Gefühle wie Neid, Missgunst, etc. sind tickende Zeitbomben, die potentielle Gefahr darstellen. Daher halte ich es für sehr wichtig, dass wir in uns und in unseren Beziehungen so gut es geht aufräumen und so keine Angriffsfläche für den Feind bieten, sondern eine geschlossene Front bieten können gegen die Welt und ihren Angriffen.
Und wenn es einem unter uns schlecht geht, ist es dann nicht unsere Pflicht, ihm wieder aufzuhelfen? Es schädigt die Moral der Truppe, wenn ein Verwundeter zurück gelassen wird. Schon allein deshalb ist es wichtig, den "eigenen Leuten" zu helfen. Was für ein trostloses Bild geben wir ab, wenn wir uns mehr um Fremde kümmern, als um unsere Geschwister im Glauben?! Manch einer könnte sich sonst sogar denken "ich bleib lieber draußen, da werde ich netter behandelt".


Doch eines wollen wir nicht vergessen: der Vers sagt "vor allem" und nicht "ausschließlich"! Es ist wichtig, auch Außenstehenden Gutes zu tun und sich dieser Menschen anzunehmen. Ihnen die Liebe näher zu bringen, die uns zuteil wird - von unserem himmlischen Vater, aber eben auch von unseren Geschwistern auf Erden.